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Köln.Sport

Endlich in der Spur

Die Sportentwicklungsplanung wurde seit ihrem Start skeptisch beäugt. Geringe Umfragebeteiligung, Zweifel an der Umsetzung, Kritik vom Stadtsportbund. Nun aber sind die fünf Modellprojekte festgezurrt, und der Kölner Sport steht geeint hinter der Planung.
Sportentwicklungsplan

Viele Kölner Vereinsvertreter diskutierten bei der 3. Sportkonferenz der SPD mit SSBK-Vorsitzenden Peter Pfeifer (3.v.r, weißes Hemd) (Foto: Köln.Sport)

Dass eine Premiere völlig reibungslos verläuft, erlebt man selten. Vor allem in Köln nicht, wo sich der ein oder andere im Zweifel doch gerne mit einem „Et hätt noch immer jot jejange“ das gute Gelingen herbeisehnt und auf Beistand von oben hofft, statt sich bei der Vorbereitung in Perfektionismus zu üben. Auch die Premiere des in der Domstadt erstmals aufgestellten Sportentwicklungsplans ging keineswegs reibungslos über die Bühne. Weder die Kölner Sportvereine noch die Bevölkerung interessierten sich wirklich ernsthaft für die Umfrage, mit der Prof. Dr. Kähler und sein Team die Sportentwicklungsplanung in Köln Anfang des Jahres einleitete.

Das wiederum warf ein schlechtes Licht auf den Stadtsportbund, der vergeblich versucht hatte, die Kölner Vereine für die Umfrage zu mobilisieren, selbst allerdings auch keinen Hehl aus seiner Skepsis bezüglich der Umsetzung konkreter Projekte im Rahmen des Sportentwicklungsplanes machte.

Nun aber, ein halbes Jahr, nachdem die Umfrageergebnisse vorliegen und die Defizite der selbsternannten Sportstadt Köln aus Vereins- und Bürgersicht benannt wurden, drängt sich der Eindruck auf, dass die Premiere des Sportentwicklungsplans in Köln trotz aller Startschwierigkeiten doch noch als gelungen in die lange Historie der Domstadt eingehen könnte. Was ist passiert?

An einem Strang

Die verschiedenen Player ziehen mittlerweile an einem Strang, auch die Vereine mischen mit. Prof. Kählers Team, das Sportamt, der Stadtsportbund und die Politik machen gemeinsame Sache. Einen Beleg dafür lieferte die von der Kölner SPD ausgerichtete 3. Sportkonferenz zur Sportentwicklungsplanung am 26. Juni, bei der die Anliegen der Vereine im Mittelpunkt standen. Um die Vereinsvertreter zu informieren und mit ihnen in den Dialog zu treten, waren die Vertreter aller für den Sportentwicklungsplan wichtigen Institutionen zusammengekommen. Planungschef Prof. Dr. Robin Kähler, Sportamtsleiter Gregor Timmer, SSBK-Vorsitzender Peter Pfeifer, Sportausschussvorsitzender Peter Kron sowie Andreas Kossiski, der Vorsitzende des Sportstadt Köln e. V. Sie alle demonstrierten vor allem eines: Der Kölner Sport steht geeint hinter dem Sportentwicklungsplan!

Peter Pfeifer erklärt, warum er respektive der Stadtsportbund sich entschieden hat, die Planung nun aktiv zu unterstützen statt sie wie zu Beginn kritisch zu begleiten. „Wir fanden die Idee einer Sportentwicklungsplanung von Anfang an hervorragend, waren aber skeptisch, weil es solche Pläne in der Vergangenheit schon mal gab, schlussendlich aber nichts umgesetzt wurde. Mittlerweile sind wir aber quasi vom Saulus zum Paulus geworden“, so der Vorsitzende des SSBK, der viele Gespräche mit Gregor Timmer geführt hat und mit dem Sportamtschef weiterhin im „Dauerdialog“ steht. „Es sieht viel besser aus als vor ein paar Monaten, wir haben den Eindruck, dass sich wirklich etwas tut, und begreifen den Sportentwicklungsplan tatsächlich als eine Chance“, so Pfeifer.

Der Sinneswandel des Stadtsportbundes hat sicher auch damit zu tun, dass Kähler und sein Team planen, den SSBK deutlich zu stärken. „Das hat strategische Gründe. Der SSBK ist strategisch der wichtigste Partner für die Sportverwaltung. Denn die kann sich nicht um über 600 Vereine kümmern, sondern sie braucht dafür Unterstützung. Und das ist der SSBK, der selbst die Vereine hinter sich weiß“, erklärt Prof. Dr. Kähler.

Diese Partnerschaft soll bereits bei der Umsetzung der Modellprojekte beginnen, in die der Stadtsportbund mit einbezogen wird, wofür er auch finanzielle Mittel erhält. Die Kooperation und die Höhe der Mittel sollen zeitnah vertraglich zwischen Sportamt und Stadtsportbund geregelt werden. Der SSBK wiederum will bei der Umsetzung konkreter Projekte, beispielsweise des „Sportkiosk“, die Vereine mit ins Boot nehmen. Mindestens zwei oder drei große Vereine sollen darüber hinaus zu „Stützpunktvereinen“ werden und dem SSBK laut Pfeifer helfen, „den Sport weiterzubringen und Verwaltung und Politik mit Gedanken des Sports zu durchdringen“.

Modellprojekte in Planung

Gedanken über die Modellprojekte haben sich in den letzten Wochen Prof. Kähler und sein Team gemacht. Die von Beginn an geplanten fünf konkreten Projekte sind mittlerweile nicht nur bekannt (siehe Mittelzeile), sogar die Planung hat bei zwei von ihnen bereits begonnen. Eine Neuplanung des Inneren Grüngürtels inklusive der Bezirkssportanlage neben der Moschee, die Umsetzung neuer Hallenkonzepte im Deutzer Hafen sowie in Rondorf, ein „Sportkiosk“, in dem man Geräte ausleihen kann, zwei überdachte und frei zugängliche Sportanlagen und das Schaffen besserer Strukturen in der Verwaltung – das ist Prof. Dr. Kählers Agenda.

Fünf durchaus sinnvolle Projekte, die aber alle in erster Linie dem unorganisierten Sport zugutekommen. Ein Umstand, den Thomas Bartel, 1. Vorsitzender des FC Junkersdorf, aus Vereinssicht kritisiert: „Diese Leichtturmprojekte sind sicher nicht schlecht, aber die Bedürfnisse der Vereine sehe ich darin nicht aufgefangen“, so Bartel. Neben ihm waren viele weitere Vereinsvertreter zur 3. Sportkonferenz gekommen. Ein Beleg dafür, dass auch die Vereine mittlerweile die Chancen der Planung für sich erkannt haben und sich einbringen wollen.

Auch Raymond Baafi, hauptamtlicher Geschäftsführer des TV Delbrück, war der Einladung der SPD gefolgt und nach Nippes gekommen, um stellvertretend für viele andere Vereinsvertreter seine Bedenken zu äußern: „Wir hatten in der Vergangenheit bereits Strategien und Maßnahmen entwickelt, dann aber stand die Frage im Raum: Wie sollen diese Sachen umgesetzt werden? Wo kommt Geld her? Die Umsetzung war nicht möglich. Deswegen sind wir der Meinung, dass Strukturen geschaffen werden müssen, damit solche Maßnahmen auch umgesetzt werden können. Die Vereine müssen befähigt werden und brauchen Manpower“, so Baafi.

Er hofft, dass der Sportentwicklungsplan auch über die Modellprojekte hinaus Wirkung hat. Das sieht SPDler Jochen Ott genau so. „Bei Forderungen im kulturpolitischen Bereich wird oft auf den Kulturentwicklungsplan hingewiesen, in dem die Pläne verschriftlicht wurden und der die Forderungen legitimiert. Deswegen ist ein Sportentwicklungsplan für den Sport auch so wichtig, denn dann könnte man sich ebenfalls darauf berufen“, so Ott.

Sportentwicklung muss mehr sein, als nur Modellprojekte

Allen Interessen wird die Planung in naher Zukunft sicher nicht gerecht werden. Dazu sind die Defizite in der „Sportstadt Köln“ zu umfassend und die Anliegen von unorganisierten Sportlern und Vereinsvertretern zu groß. Die Chancen, dass der Sport, nicht zuletzt durch die angestrebte Strukturverbesserung in der Verwaltung, insgesamt aber profitiert, stehen besser denn je. Verantwortlich dafür sind in erster Linie die Player und die Vereine selbst, die nach anfänglichen Versäumnissen nun im Sinne ihrer Interessen gemeinsam kämpfen und die Politik unter Druck setzen wollen.

Diese wird spätestens Ende August, bei der Einbringung der Haushaltsplanung für 2019 Flagge bekennen müssen. Peter Kron, Vorsitzender des Sportausschusss, verspricht den Vereinsvertretern vollen Einsatz: „Die Sportentwicklungsplanung muss mit Leben gefüllt werden, das kostet Geld. Wir werden bei der Einbringung des Haushalts genau hinschauen. Ich gehe davon aus, dass in den Haushaltsplanentwurf Beträge für ganz konkrete Maßnahmen eingestellt werden. Wenn das nicht der Fall ist, werden wir Anträge stellen, dort Beträge einzusetzen“, kündigt Kron an. Den gemeinsamen Wunsch spricht dann am Ende der 3. Sportkonferenz Peter­ Pfeifer aus: „Zum Schluss soll es so sein, dass der Sport gleichberechtigt neben anderen Gesellschaftsbereichen in der Stadt agiert.“

Dass das zum jetzigen Zeitpunkt utopisch klingt, weiß Pfeifer wohl selbst. Mit der Entscheidung, den Sportentwicklungsplan mit vollem Einsatz zu unterstützen, schaffen die Player des organisierten Sports aber zumindest die Grundlage, um den Druck auf die Politik zu erhöhen und dieser Gleichberechtigung ein bisschen näher zu kommen.

DIE FÜNF MODELLPROJEKTE IM ÜBERBLICK
Innerer Grüngürtel

Der Innere Grüngürtel in Ehrenfeld soll zwischen Kreuzgasse und Herkulesberg neu geplant werden. Die Bezirkssportanlage an der Moschee soll umgebaut und für Schulen sowie die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Gleiches gilt für den Sportplatz am Städtischen Gymnasium Kreuzgasse.

Neue Hallenkonzepte

In neuen Schulen, die in den kommenden Jahren in Rondorf und im Deutzer Hafen entstehen werden, sollen nicht die üblichen Dreifachhallen gebaut werden. „Die Lehrpläne haben sich verändert und es muss völlig neu bedacht werden, welchen Bedarf Sportvereine aus Sportarten mit Geräten haben“, sagt Professor Robin Kähler. Er will neue Raumkonzepte entwickeln, die modernen Ansprüchen genügen.

Sportkiosk

Gemeinsam mit dem Stadtsportbund soll ein Ort geschaffen werden, an dem Sportgeräte ausgeliehen und ausprobiert werden können. Bei diesem Projekt sollen auch Vereine mit einbezogen werden. Geplant ist zunächst ein solcher „Sportkiosk“, später sollen in der ganzen Stadt noch weitere hinzukommen.

Moderne Bolzplätze

In jeweils einem noch zu bestimmenden Veedel auf der rechten sowie auf der linken Rheinseite sollen moderne Sport- und Bewegungsplätze entstehen. Ob Fußball, Basketball oder andere Sportarten – unter den überdachten, aber zu den Seiten offenen Anlagen sollen viele Kinder und Jugendliche Sport treiben und sich begegnen können.

Sportverwaltung stärken

„Verwaltung und Vereine wissen zu wenig voneinander“, sagt Prof. Dr. Kähler. Deswegen soll die Sportverwaltung verstärkt und neu konzipiert werden. Auch die Zusammenarbeit zwischen Stadtbezirken und Sportamt soll ­verbessert werden.