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Köln.Sport

„Brauchen einen Abend ohne Fußball“

Fans sind die Montagsspiele seit langem ein Dorn im Auge. Nun sollen sie abgeschafft werden. Warum das die richtige Entscheidung ist, erklärt Alexander Wehrle, Geschäftsführer des 1. FC Köln.
Wehrle

Alexander Wehrle (43) ist seit Januar 2013 Geschäftsführer des 1. FC Köln (Foto: imago/ Chai v.d. Laage)

Der 1. FC Köln hat beim Flutlichtspiel am gestrigen Montag Abend den fünften Sieg in Serie (3:0 gegen Magdeburg) geholt. Das Stadion war mit 49.500 Zuschauern fast ausverkauft, die Stimmung hervorragend. Die Laune bei den Geißböcken könnte also besser nicht sein. Doch Alexander Wehrle, Geschäftsführer der Geißböcke, lässt sich vom Erfolg nicht blenden. Montagsspiele gehören abgeschafft, so Wehrle. Warum, das erklärt er in einem Gastbeitrag beim Sportbusiness-Magazin SPONSORs.

Alexander Wehrles über Montagsspiele:

„Das Montagsspiel in der 2. Bundesliga ist eine Institution, ein seit 25 Jahren allen deutschen Fußballfans bekanntes Schaufenster für unser Fußball-Unterhaus. Viele Clubs mit lokaler oder regionaler Fanbasis haben die Chance nutzen können, montagabends exklusiv vor einem Millionenpublikum zu spielen. Auf der anderen Seite mussten Clubs wie Eintracht Frankfurt, der VfB Stuttgart oder wir, der 1. FC Köln, nach Abstiegen mit dem Spott gegnerischer Fans leben, dass es jetzt wieder montags rangeht.

Der Nutzen dieses Montagsspiels für die gesamte 2. Bundesliga und für jeden Club hat die Nachteile deutlich überwogen. Selbst viele Fans, die an einem Montag beschwerliche Auswärtsfahrten auf sich nehmen mussten, erinnern sich noch heute mit Stolz und Nostalgie an unvergessliche Montagstouren. Ich sage nur: Aufstieg des FC in Aue, Montag, 2. Mai 2005.

Trotzdem haben die Clubs der 2. Bundesliga, darunter auch der 1. FC Köln, mehrheitlich entschieden, für die neue Rechteperiode ab der Saison 2021/22 das Montagsspiel zugunsten eines alternativen Abendtermins am Wochenende aufzugeben. Auf den ersten Blick ergibt das vielleicht keinen Sinn, wenn man die eingangs genannten Argumente für den beinahe schon traditionellen Spieltagsabschluss ernst nimmt.

Bestmöglicher Interessensausgleich

Jedoch sind die Spieltermine immer eine Suche nach dem bestmöglichen Interessensausgleich. Spieler, Vereine, übertragende Medien, Verbände, Fans vor dem Fernseher und Fans auf Tour, Sponsoren – alle haben ihre berechtigten Wünsche und Anliegen. Und da haben sich die Gewichtungen in den vergangenen Jahren grundlegend verschoben.

Durch die Ausweitung beziehungsweise die Reform der europäischen Wettbewerbe ist es dazu gekommen, dass es in manchen Wochen jeden Tag hochklassigen Fußball im Fernsehen gibt. Das Montagsspiel der 2. Bundesliga sticht da längst nicht mehr heraus, sondern wird eher eingequetscht zwischen Champions League, Europa League und Bundesliga. Es wurde, das muss man im Nachhinein selbstkritisch einräumen, auch durch die versuchte Einführung eines Erstliga-Montagsspiels seiner besonderen Exklusivität ein wenig beraubt.

Vor allem aber: Die 2. Bundesliga ist seit der Saison 2017/18 montags nur noch auf Sky und damit nicht mehr im Free-TV zu sehen. Dem Fußballpublikum am Montagabend noch Fürth gegen Magdeburg zu präsentieren – vielleicht auch bewusst als Ausgleich zum Hochglanz- und Megastar-Fußball in der UEFA Champions League –, um den Charme und die sportliche Qualität der 2. Bundesliga zu zeigen, das funktioniert aus meiner Sicht nur, wenn es auch alle sehen können. Aber genau das ist momentan nicht der Fall.

Signale setzen

Seit dem 18. Oktober 1993, dem Tag des ersten Montagsspiels im DSF (heute Sport1), hat sich im deutschen Fußball viel entwickelt. Vor allem zum Positiven. Halb leere, zugige Stadien sind modernen Arenen gewichen, die in der Regel gut gefüllt sind – und in die sich auch Frauen und Kinder selbst auswärts trauen können. Die TV-Übertragungen haben ein europaweit einzigartiges Niveau erreicht, die Quoten sind stabil hoch, die Liga ist wirtschaftlich enorm gewachsen. Es gibt keinerlei belastbare Anzeichen dafür, dass Fußball in Deutschland an Popularität einbüßt. Im Gegenteil.

Wir sind in einer Phase, in der es nicht mehr darum geht, mehr Menschen von Fußball im Fernsehen zu überzeugen. Vielmehr geht es darum, im Wettbewerb mit anderen Sportangeboten aus der Masse herauszustechen. Und es geht darum, in einem hoch professionalisierten und etablierten Markt Signale zu setzen, dass wir den Kern des Spiels ernst nehmen. Und dieser Kern sind die Spieler und die Fans. Da ist „Schon wieder Fußball“ im Vergleich zu „Endlich wieder Fußball“ die falsche Botschaft.

Über lange Jahre hat es allen sehr gutgetan, dass es einen festen Fußballtermin am Montagabend gab. Derzeit brauchen wir aber etwas anderes: einen Abend garantiert ohne Fußball.“

Der Gastbeitrag von Alexander Wehrle erschien beim Sportbusiness-Magazin SPONSORs.