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Köln.Sport

„Rote Karte für den DFB!“

Im Gespräch mit Köln.Sport: ASV-Präsident Walter Bungard Foto: Stephan Ehritt

Im Gespräch mit Köln.Sport: ASV-Präsident Walter Bungard
Foto: Stephan Ehritt


Nach der Diskussion um Marvin Hitz und seine „Strafraum-Aktion“ gegen den 1. FC Köln meldet sich nun Walter Bungard, Präsident des ASV Köln, mit einem offenen Kommentar in Köln.Sport zu Wort.
„Beim letzten Heimspiel des 1. FC Köln gegen den FC Augsburg hat der Torhüter von Augsburg, Herr Hitz, bekanntlich den Rasen um den Elfmeterpunkt herum beackert und damit absichtlich beschädigt, um den Elfmeterschützen bei seinem Schussversuch zu behindern. Dieser bisher noch nicht so richtig bekannte Plan ist auch voll aufgegangen, wie die Zuschauer im Stadion und an den Fernsehapparaten live miterleben durften: Der Spieler Modeste rutschte prompt aus, der Ball konnte gehalten werden. Die vorsätzliche Absicht wurde im obligatorischen Interview nach dem Spiel in süffisanter Manier durch den „Sportsmann“ mit dem überzeugenden Argument offen zugegeben, dass der Elfmeterpfiff schließlich nicht berechtigt gewesen sei. Nach dem Motto: Nach einer Fehlentscheidung ist quasi jede Sauerei erlaubt. Ob Herr Hitz intellektuell in der Lage ist, über sein Verhalten angemessen kritisch zu reflektieren, kann ohne nähere Hintergrund-Informationen nur auf Grund des blamablen Auftritts im Fernsehen nicht beurteilt werden. Interessant scheint insgesamt die Fair-Play-Kultur im Augsburger „Sportverein“ zu sein, da sowohl der Trainer als auch Mitspieler den Spitzbubenstreich durchaus als eine originelle Einlage empfanden, weil ja dadurch offensichtlich eine zuvor erfolgte Ungerechtigkeit quasi geheilt wurde. Eine potentielle Verletzung hat man dabei offenbar notgedrungen als Nebeneffekt in Kauf genommen.

Ok, man sollte die moralische Messlatte bei den ersten Rechtfertigungen kurz nach dem Spiel nicht zu hoch legen, vor allem dann nicht, wenn im Abstiegskampf ohnehin die Nerven blank liegen. Da haben auch schon mal ganz andere Spieler schlagartig vergessen, ob sie den Ball mit der Hand oder einem anderen Körperteil ins Tor bugsiert haben. Sehr viele Facebook-Nutzer haben in der Tat ihre Entrüstung zum Ausdruck gebracht, dass sie in ihrer bisherigen Karriere als Fußballzuschauer noch nie eine derartig dreiste Frechheit miterleben durften. Richtig bedenklich wird die ganze Sache aber dann, wenn auf der anderen Seite z.B. drei Tage später in einer Experten-Runde im TV-Sender „Sport 1“ zwei Ex-Bundesliga-Profis die ganze Aufregung so gar nicht verstehen können. Wäre der Ball drin gewesen, würde keiner mehr darüber sprechen, also sei die Diskussion überflüssig, so der eine Experte. Wenn Augsburg dadurch letztlich nicht absteigt, sollte dieses Patentrezept durchaus wiederholt werden, so das überraschende Plädoyer des anderen Experten. Der „Rasenfall“ polarisiert: Cleverness versus gröbste Unsportlichkeit.

Mit Spannung, aber ohne große Hoffnung, wurde nun nach dem Wochenende die Reaktion des Deutschen Fußballbundes erwartet: Auf dem Platz erhielt der Spieler keine gelbe, geschweige denn rote Karte. Mit Hilfe der Fernsehbilder hätte man aber nachträglich durchaus eine Strafe aussprechen können. Entscheidung der verantwortlichen Funktionäre: kein Verfahren, weil das Verhalten nicht als grobe Unsportlichkeit eingestuft wurde. Die fatale Konsequenz dieser Botschaft: Dieses unfaire Verhalten wird von höchster Fußball-Instanz de facto verharmlost. Die Botschaft an alle Jugendlichen: Wenn es dem Verein hilft, ist jede Hinterhältigkeit im Prinzip erlaubt. Je höher die Originalität, desto größer die Bewunderung durch die eigenen Fans.

Man darf gespannt sein, wie der nächste Streich ganz in Sinne von Wilhelm Busch aussieht. Ein Tipp: Der Torwart sticht beim nächsten Elfmeter (natürlich nur, wenn der unberechtigt ist) mit einer Nadel auffällig in den Ball, so dass dieser mangels Luft bei einem Elfmeterschuss aufs Tor zugeflattert kommt. Und wieder siegt die Gerechtigkeit. Der materielle Schaden der Selbst-Hilfe-Aktion betrug im RheinEnergieSTADION 122 Euro, eine entsprechende Rechnung wurde vom Chef der Kölner Sportstätten GmbH laut Information des Kölner „Express“ dem Sportsmann zugeschickt. Der nicht materielle Schaden ist ungleich höher. Er ist ein Schlag ins Gesicht von hunderttausenden Trainern und engagierten ehrenamtlichen Betreuern, die über den Sport tagtäglich Kindern Fair Play beibringen möchten. Fußballfunktionäre haben zurzeit in der Öffentlichkeit ohnehin nicht gerade den besten Ruf, wenn es um moralische Standards geht. In diesem auf den ersten Blick eher harmlosen Fall ist eine Chance verpasst worden, etwas für das eigene Image zu tun. Der 1. FC Köln hält sich sinnvollerweise als massiv Geschädigter aus der Diskussion heraus. Aber andere sollten dem DFB die rote Karte zeigen. Letzter Gedanke: Doch noch nachträgliche Strafe für den inzwischen reuigen Täter? Nein, er hat sich bereit erklärt, die 122 Euro zu bezahlen. Ach ja, und einen Rasenmäher will er auch zusenden, also Einsicht auf der ganzen Linie!“